Tag 6 in Malawi 15.3.2025
Heute gönnt sich das schwedische Ärzteteam eine Auszeit nach einer Woche mit langen Tagen voller Operationen und Konfrontation mit sehr viel Leid. Jeder einzelne Fall geht ans Herz. Die ganz Kleinen mit angeborenen Deformationen, die größeren Kinder mit zum Teil schwersten Verbrennungen und auch die Alten mit teils jahrzehntelangen Leiden, die sie klaglos mit sich herumschleppen. Jede Behandlung im Krankenhaus kostet Geld. Daher warten die Familien oft viel zu lange, bevor sie ihre Kranken an die richtige Stelle bringen. Zu oft werden im Dorf „Wunderheiler“ aufgesucht, die das Leiden nicht selten verschlimmern. Nur bei den schwedischen Ärzten ist die Behandlung kostenfrei. Daher die immer länger werdenden Schlangen. Diejenigen, für die keine Zeit bleibt, werden auf Oktober vertröstet, wenn das Ärzteteam zurückkommt
Aber heute ist Erholung angesagt. Es geht nach Salima in die Safari Beach Lodge am Malawisee. Beach stimmt, Safari nicht! Ich bin der Nutznießer dieser Erholungsaktion, weil ich nicht annähernd so viel geleistet habe. Wieder geht es über die bekannte Straße bis wir schließlich in der Lodge ankommen. Ein schöner Garten offenbart sich uns mit Blick auf den riesigen Malawisee. Cäcilie und ich beziehen ein Häuschen aus roh behauenem Stein mit einer kleinen Holzterrasse, schauen auf den See und fühlen uns ein wenig wie Tania Blixen vor hundert Jahren auf ihrer Farm in Kenia. Wir lassen die Woche noch einmal an uns vorbeiziehen. Wie soll das Land auf die Beine kommen? Ohne Bodenschätze, fast ohne Tourismus und ohne Zugang zum Meer. Selbst der Fluchtweg nach Europa ist viel zu lang und unüberbrückbar. Korruption, Armut und Überbevölkerung sind die großen Steine, die diesem Land im Weg liegen. Soll es überhaupt weitergehen mit dem Einsatz der Ärzte, die eine lange Reise auf sich nehmen, ihren Urlaub spenden und bis auf den Flug die Kosten selber tragen? Ich beginne zu verstehen, was sie immer wieder zurückkehren lässt zu einer Aufgabe, die sie mit Menschen konfrontiert, denen wir im westlichen Europa kaum begegnen. Parasiten, HIV, schwerste Deformationen, unheilbare Krankheiten, schlimmste Geschwüre – sind die Krankheitsbilder des armen Afrikas hier in Malawi. Ich verstehe, dass es sie zutiefst glücklich macht, Menschen das Leben ein wenig zu erleichtern, Eltern ein nahezu wiederhergestelltes Kid zurückzugeben. Zurückgeben von dem Privileg, in welche Umgebung wir hineingeboren wurden.
Am Abend essen wir im tropisch warmen Garten am Ufer des Malawisees. Die sehr angestrengten Ärzte laden langsam ein wenig Spannung ab. Trotz der Kurzurlaubatmosphäre drehen sich alle Gespräche um die Patienten. Die schweren Krankheitsbilder, die zum Teil mit größter Geduld und oftmals Resignation ertragenen jahrelangen Leidenswege lassen uns alle nicht los.
Ich habe alle – bis auf meine Freundin – erst in dieser Woche kennengelernt. An diesem Abend spüre ich, wie sehr ein gemeinsames Engagement Vertrautheit schafft, wie sehr die Freude über ein wiederhergestelltes Kind Brücken schlägt und wie sehr die tief eingegrabenen Bilder im Kopf uns alle verbinden.



